Höfliche Pfützen begeisterten das Publikum im Juni
Einen außergewöhnlich klangreichen Abend erlebten rund 50 Zuhörer an einem Freitag im Juni, die sich zu MARKUS LEMKEs Lesung ins Familien-Zentrum begeben hatten. Wörter können klingen, Klänge können erzählen, sagte Konstanze Keller von LESEWEIS® zu Beginn der Veranstaltung, auch wenn wir sie womöglich nicht gleich und nicht in Gänze verstehen. Und dann bewegten die Jazz-Musiker von SILLY MOVES (Margit Wunder am Kontrabass und Thomas Buchhaupt an der Jazz-Gitarre) mit eigener Musik das Publikum hin zu den ebenfalls sehr eigenen Gedichten des Bammentaler Sängers, Gestalttherapeuten und Dichters Markus Lemke und umrundeten gekonnt beschwingt die „Höflichen Pfützen“.
Musikalische und wortreiche Klänge erfüllten nun den Raum, und das Publikum horchte auf. Gedichte aus etwas 25 Jahren Leben, die nicht akribisch aufgeschrieben wurden, sondern entstanden, wann sie entstehen wollten, so Lemke, brachten das Publikum zum Lauschen, immer häufiger zu spontan einsetzenden Applaus, und schließlich hin zu begeistertem Jubel am Ende. Zum Erlebnis machte diese Dichterlesung der Dichter selbst, der es als erfahrener Bühnensänger und Rezitator verstand, auch seine Texte ungewöhnlich lebendig und facettenreich vorzutragen.
Es war, als hätte mir jemand eine Aussicht auf Wörter gewährt, sagte ein junger Zuhörer treffend. Das Buch hatte ich schon gelesen, berichtete ein anderer, aber heute Abend hatte ich das Gefühl, als lese der Dichter aus einem ganz anderen Werk. So groß kann der Unterschied sein, wenn Gedichte einfach nur selbst gelesen oder wenn sie klanglich erlebt werden. Manch ein Wort hinterließ nachdenkliches Schweigen, weitere Zeilen öffneten den Zuhörern so rasch ein bekanntes Bild, dass Köpfe nickten und Zustimmendes gemurmelt wurde. Dann wieder wurde über KA-YX, KA-EU, KA-EU! herzhaft gelacht, weil wohl niemand damit gerechnet hatte, dass aus einer Aneinanderreihung Karlsruher Autokennzeichen plötzlich nahezu absurde Geschichten entstehen können, für die der Autor allerdings die Ärmel hochkrempeln musste – schließlich erfordert das Lesen solcher (und weiterer) Laut-Gedichte selbst vom Profi „högschde Konnsänndratzion“, wie der Dichter in einem weiteren Werk Fußball-Bundestrainer Jogi Löw persiflierte.
Das am Ende durchweg högschd inspirierte Publikum aus erfahrenen Lesern und Kunstliebhabern, neugierigen Laien, Alt und Jung bis hin zu ganz jungen Schreibschülern der LESEWEIS®-Schreibwerkstätten, die ebenfalls hier am Familienzentrum angeboten werden, blieb noch lange nach Ende der Lesung im gemütlichen Ambiente des Familien-Zentrums diskutierend zusammen – und so manch einer beschloss spontan, nun ebenfalls Gä-dich-tä! (so findet man das Wort in Lemkes Buch eben auch einmal) zu verfassen, wenn sie sich im eigenen Leben einfach einfinden, einfach entstehen…
Das Familien-Zentrum erwies sich sehr gern einmal mehr als Ort, an dem so feine kulturelle Ereignisse stattfinden können, die gefallen, inspirieren und verbinden. Schön, wenn man das am Ort hat, sagte eine Zuhörerin, man muss ja nicht immer nach Heidelberg fahren.
In diesem Sinne freut sich das Familien-Zentrum auf mehr von solch tollen Veranstaltungen und macht Interessierte gleich auf den 17. November diesen Jahres aufmerksam, an dem WortKlang Lokal seine Pforten im Familien-Zentrum öffnen wird, in dem ebenfalls Literatur und Musik einander die Hand reichen werden. Nähere Ankündigungen werden wir rechtzeitig geben, also unbedingt im Auge behalten.